1949 Einweihung Schulhaus Kronenwiese am 2. und 3. Juli 1949

Am 2. und 3. Juli 1949 fand die Einweihung des neuen Schulhauses «Kronenwiese»  statt. Es waren Ehrentage des Volkes, und besonders der Sonntag galt als Festtag der Jugend. Jedermann befand sich in bester Stimmung, und auch das Wetter erstrahlte im schönsten Glanze.

Lang ist die Baugeschichte des neuen Schulhauses
Schon um 1930 gehörte ein Schulhausneubau zu den dringendsten Aufgaben der Gemeinde, aber in Folge von Krisen und Weltkrieg (1939 bis 1945) musste ein Neubau immer und immer wieder zurückgestellt werden.

In den dreissiger Jahren wurden die Pläne der Schulpflege zunächst mit der Begründung abgelehnt, die Gemeinde müsse zuerst einen Baufonds errichten. In den folgenden harten Krisenzeiten war dies aber ein Ding der Unmöglichkeit. Erst die Verbesserung der Wirtschaftslage und die Einführung des Finanzausgleiches ermöglichten es, namhafte Beträge in einen Baufonds einzulegen.

Nach Schaffung der finanziellen Grundlage entbrannte in Schulpflege und Bevölkerung ein harter Kampf wegen der Platzwahl. Die Bevölkerung westlich der Sihl hätte den Bau gerne auf ihrer Seite gesehen. Zwei linksseitige Plätze standen zur Diskussion: «Hündliareal» beim Schützenhaus und die weite Ebene im «Werd». Andere Kreise wollten einen Schulhausbau in der «Lebern», auf gemeindeeigenem Land. Schliesslich mussten diese Pläne fallengelassen werden. Der Baugrund des «Hündliareals» erwies sich als ungeeignet, der Platz in der «Lebern» war für die Bevölkerung des linken Ufers allzusehr abgelegen. Auch auf den Werdplatz musste verzichtet werden, nachdem das kantonale Tiefbauamt erklärt hatte, früher oder später werde die neue Kantonsstrasse durch jenes Gebiet geführt werden. So stand die «Kronenwiese» plötzlich im Vordergrund des Interesses, und am 11. September 1943 entschied sich eine Gemeindeversammlung mit grossem Mehr für diesen Platz. Die Gemeindeversammlung vom 14. Oktober 1943 bewilligte hierauf einen Kredit in der Höhe von 72’000 Franken für den Ankauf von 7738 m2 Bauland, genannt «Kronenwiese».

Das von Herrn Lehrer Johannes Nater im Auftrag der Schulpflege ausgearbeitete Raumprogramm wurde vom Regierungsrat ohne irgendwelche Änderungen genehmigt. Das Vorprojekt wurde von Herrn Architekt Heinrich Müller zur vollen Zufriedenheit der Behörden ausgearbeitet. Auf die Durchführung eines Architektenwettbewerbes wurde verzichtet und Herrn Müller der Bau übertragen. Am 7. Juni konnte seinem Projekt zugestimmt werden. Leider aber traten, trotz der regierungsrätlichen Genehmigung, nochmalige schwere Verzögerungen ein, denn die Baumaterialien waren äusserst knapp geworden. Sämtliche öffentliche Bauvorhaben bedurften der Baufreigabe durch die Volkswirtschaftsdirektion, die damals fast alle verfügbaren Baumaterialien dem Wohnungsbau zukommen lassen musste. Da war es nun an der Schulpflege, mit wohldokumentierten Eingaben den Regierungsrat von der Dringlichkeit des Bauvorhabens zu überzeugen. Herr Regierungsrat J. Henggeler erschien persönlich zur Besichtigung der unhaltbaren Zustände im Schulhaus. Leider traf auch nach dieser Besichtigung nochmals ein negativer Entscheid ein. Aber die Schulpflege, gestützt auf ihr Recht und unterstützt durch Gemeinderat und Erziehungsdirektion, liess nicht locker. Am 5. November 1947 erfolgte endlich die Baufreigabe. Am 17. März 1948 konnte der «erste Spatenstich» ausgeführt werden. Dank des aussergewöhnlich guten Baugrundes, der umsichtigen Leitung des Architekten und dem lobenswerten Einsatz der Unternehmer und ihrer Arbeiter konnten trotz des schlechten Wetters die Aussenarbeiten drei Monate vor dem vorgesehenen Datum abgeschlossen werden. Nun galt es, den Innenausbau zweckmässig und ästhetisch zu gestalten. Auch hier leisteten Bauleitung und Baukommission Ausserordentliches.

Eine besonders schwierige Aufgabe war die Gestaltung des neuen Schulhausplatzes und der Umgebung des Schulhauses. Die Schulpflege war gut beraten, Herrn Ammann, den Schöpfer der Landesausstellung 1939, beizuziehen. Er löste seine Aufgabe meisterhaft, so dass die Gemeinde im Dorfkern einen prächtigen Festplatz erhielt. In der kurzen Zeit von anderthalb Jahren wurde das Werk vollendet. Unauffällig fügte sich der stattliche Gebäudekomplex in die Umgebung ein, mit dem Sekundarschulhaus und der Turnhalle bildete er ein abgeschlossenes Schulquartier .

Am Samstagmorgen, den 2. Juli 1949, versammelten sich gegen 10 Uhr die geladenen Gäste zur offiziellen Übergabe des stolzen Schulgebäudes. Der neue Singsaal prangte im prächtigsten Blumenschmuck. Neben der Schulpflege und dem vollzähligen Gemeinderat waren auch die übrigen Gemeindebehörden vertreten. Dazu kamen Abgeordnete der Frauenkommission, der Bezirksschulpflege, der kantonalen Erziehungsdirektion und der Baudirektion. Natürlich durfte auch der Architekt, Herr Heinrich Müller, Thalwil, mit seinen engsten Mitarbeitern nicht fehlen. Zunächst wurde in der Eingangshalle ein kleiner Imbiss offeriert, worauf die Feier mit einem Prolog begann, verfasst von Herrn Pfarrer E. Winkler und dargeboten von der dritten Sekundarklasse unter Leitung von Herrn Dr. Stiefel. Das kleine dichterische Werk vermittelte einen ausgezeichneten Rückblick und Ausblick auf die Adliswiler Schulverhältnisse. Es folgte die Aufführung des ersten Teiles einer Kantate für Schulfeiern von Ernst Kunz. Nahezu hundert Buben- und Mädchenstimmen ertönten unter der sicheren Führung von Herrn Lehrer Stierli. Darauf sprach der Präsident der Schulpflege und der Baukommission mit bewegter Stimme die Einführungsworte. Er dankte der Erziehungsdirektion des Kantons Zürich für ihr Verständnis und die Bewilligung des Raumprogrammes ohne Einschränkung. Dank gebührte auch dem Erziehungsrate, welcher der Bauvorlage anstandslos zugestimmt und der Gemeinde auch einen angemessenen Staatsbeitrag zugesichert hatte. Aber auch alle andern Helfer wurden in trefflichen Worten gebührend gewürdigt: die Mitglieder der Baukommission, der Architekt und seine Mitarbeiter, die Unternehmer und Arbeiter und nicht zuletzt alle Bürger und Steuerzahler. Der herzliche Dank weiter Kreise für die treue und hingebende Arbeit des Schulpräsidenten fand einen symbolischen Ausdruck in der Überreichung eines prächtigen Blumenstrausses. Es folgte der zweite Teil der Kantate, vorgetragen durch den Schülerchor. Dann ergriff Herr Karl Huber, Erziehungsrat, als Vertreter der kantonalen Behörden das Wort. Er anerkannte vorbehaltlos die glückliche Ausführung des neuen Schulhauses, das immer ein Wahrzeichen des Fortschrittes, der Kultur und der Demokratie sein solle.

Hierauf illustrierten einige Lichtbilder in anschaulicher Weise die Baugeschichte des neuen Schulhauses. Schon bei der nun anschliessenden ersten Besichtigung des Baues hörte man nur Lob. Neben den hellen Lehrzimmern, den Räumlichkeiten für den Unterricht im Nähen und in der Hauswirtschaft, den Kartonage-und Hobelzimmern, dem gedeckten Pausenplatz, fand natürlich der prachtvoll geräumige Singsaal grosse Anerkennung. In ihm konnten seither in vermehrtem Masse Veranstaltungen kultureller Art durchgeführt werden.

Anschliessend an die offizielle Feier fanden sich die Teilnehmer zu einem Bankett in der Gartenhalle des «Grüt» zusammen, wo noch manche gute und gehaltvolle Rede des gelungenen Werkes gedachte. Am Sonntagmorgen, den 3. Juli 1949, wurden die Adliswiler durch eine feierliche Turmmusik geweckt, dargeboten vom Posaunenchor von der Höhe des Kirchturms herab.

Der Morgengottesdienst der reformierten Kirche war auf den Festplatz verlegt worden. Vor einer grossen Gemeinde wies Herr Pfarrer Winkler in eindrücklichen Worten auf die göttlichen Kräfte hin, denen allein die Ehre gebühre und die den letzten Sinn unseres Daseins darstellen. Vor den vielen Zuhörern führte die Schuljugend mit Erfolg die Festkantate nochmals auf.

Am Sonntagnachmittag stand die gesamte Schuljugend bereit zum farbenfrohen Festzug. Zum letzten Mal sah das «alte Schulhaus» die frohe Kinderschar. Es galt Abschied zu nehmen von dem ehrwürdigen Gebäude, das beinahe ein Jahrhundert der Adliswiler Jugend gedient hatte. Die letzten Worte, die dem alten Gebäude galten, Abschiedsworte, von Herrn Lehrer Emil Bachmann trefflich verfasst, wurden von Fräulein Pauline Weber eindrücklich gesprochen. Unterdessen hatten sich die Sekundarschüler auf der Treppe des Schulhauses II aufgestellt, um ihre Kameraden in festlichem Zug ins neue Schulhaus zu geleiten. Schliesslich stimmte die Harmonie einen frischen Marsch an, und der farbenfrohe Zug setzte sich in Bewegung. Ebenso flott spielten der verstärkte Posaunenchor und der Handharmonikaclub Adliswil. Die Strassen waren von freudig bewegten Zuschauern dicht umsäumt. Im vorderen Teil des Zuges schritten die Schulpfleger mit dem Architekten Hans Müller. In bunter Reihe folgten sich hierauf die einzelnen Klassen. Die Kleinen führten schöne Märchengestalten mit sich, Schneewittchen, Dornröschen, Frau Holle usw. Grössere Schüler trugen ins riesenhafte angewachsene Farb-und Bleistifte, Marke Caran d’Ache, dazu noch zwei ungeheure Tintenfässer in Schwarz und Rot mit alten Kielfedern. Ferner sah man eine blumenumrahmte Schweizerkarte, den alten Zehntenplan von Adlischweil, Darstellungen aus Heimat-und Naturkunde, Zeichnungs- und Geometriegerät usw. Alle diese vertrauten Gegenstände wurden in festlichem Zug hinüber ins neue Heim geleitet. Den Schluss der Schulgruppen bildeten die beiden Klassen der sogenannten Oberstufe, d. h. der 7. und 8. Klasse. Sie trugen den Steuerbatzen der Gemeinde, liebevoll in prächtige Blumen eingebettet. Diese Schulabteilung hatte ja auch allen Grund, dankbar zu sein, erhielt sie ja im Neubau sozusagen ein eigenes Schulhaus. Deshalb war ihr Wahlspruch besonders zutreffend:
«In all den Jubel und die Freude
Mischt sich auch unsere frohe Schar,
Und bringt des Herzens Dank
Euch heute
Fürs schöne neue Schulhaus dar!»

Unterdessen hatte sich der im hellen Sonnenschein liegende Festplatz vor dem neuen Schulhaus mächtig gefüllt. Die Sekundarschüler leiteten auch hier, trefflich geleitet von Herrn Sekundarlehrer Albert Weber, mit einem frischen Lied den feierlichen Übergabeakt ein.

Nach der Wiederholung des Festprologes ergriff Architekt Müller das Wort und übergab nach herzlicher Rede und den besten Wünschen für das Wohl und Gedeihen der Gemeinde Adliswil die Schlüssel des neuen Hauses dem Präsidenten der Schulpflege, Herrn Pfarrer E. Winkler, der den Bau mit bewegten Worten des Dankes zuhanden der Gemeinde entgegennahm und ihn an Lehrer und Schüler bestimmungsgemäss weitergab. Endlich öffneten sich die Türen zum neuen Haus, die Festbesucher strömten scharenweise hinein. Unterdessen erquickten sich die Schüler am wohlverdienten «Zabig». Lieder und Spiele beendigten das malerische Nachmittagsfest, das am Abend noch eine hübsche Fortsetzung erfahren sollte. Es folgten sich in schöner Nacht Darbietungen der Harmonie, der Gesangvereine, des Turnvereins und der Damenriege. Die Sekundarschülerinnen führten wohlgelungene Reigen und Tänze auf. Die grosse Zuschauer- und Zuhörerschaft kam voll auf ihre Rechnung. Eine wohlorganisierte Festwirtschaft sorgte für Trank und Speise, so dass sich männiglich erfreut und beglückt zu später oder früher Stunde nach Hause begeben konnte.

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